Leif Enzmann unter den Preisträgern beim Landeswettbewerb

Neue Perspektiven auf „alte mæren… von helden lobebæren"

Leif Enzmann gewann als Sechstklässler den schulinternen Vorlesewettbewerb am MAX (siehe hier). Heute, als Elftklässler, liest er nicht nur, er schreibt auch selbst. Mit seiner Neuerzählung des Nibelungenliedes gehört er zu den Preisträgern des Landeswettbewerbs Deutsche Sprache und Literatur 2022. Seiner Lehrerin Aïsha Hellberg hat er einige Fragen zum Wettbewerb im Allgemeinen und seinem Beitrag im Besonderen beantwortet.

 

Beschreibe doch mal für jemanden, der den Wettbewerb nicht kennt, was beim Landeswettbewerb Deutsche Sprache und Literatur gefordert wird.

Also in meinem Fall wäre das auf jeden Fall Kreativität, da es bei meinem Thema darum ging, das Nibelungenlied neu zu erzählen. Außerdem benötigt man sicherlich eine gewisse sprachliche Begabung und natürlich die Motivation dazu.

Wie du selbst sagst, hast du dich für das Thema „Das Nibelungenlied neu erzählt" entschieden. Wie ist denn der Wettbewerb ganz grundsätzlich aufgebaut?

Es gibt 8 unterschiedliche Themen, von denen man eines wählen kann, das einen besonders anspricht. Einige davon sind eher analytischer, einige eher kreativer angelegt. Für diese 8 Themen gab es in diesem Jahr 18 Preisträger.

Warum hat dich das Thema „Das Nibelungenlied neu erzählt" besonders angesprochen?

Tatsächlich fand ich viele der Themen gar nicht ansprechend. Das Nibelungenlied hingegen hat mich als Thema interessiert, da ich schon die Version von Auguste Lechner gelesen hatte und mich intensiver mit dieser Geschichte beschäftigen wollte, die man ja allgemein schon in groben Zügen kennt.

Wie bist du denn beim Schreiben deines Wettbewerbsbeitrags vorgegangen?

Zuerst habe ich mir überlegt, wohin die Geschichte führen soll. Man schreibt ja gerne auch einfach drauf los und verzettelt sich dann oder es entsteht ein Text, der zwar sprachlich schön ist, aber eigentlich keinen Inhalt transportiert. Noch davor habe ich mir überlegt, welche Faktoren ich ändern will: also zum Beispiel, dass Hagen der Mittelpunkt ist, dass die Beziehung zwischen Sigfried und Hagen eine andere ist, aber auch wen man weglassen kann. Dazu habe ich zunächst die Figuren aufgelistet und schließlich weggestrichen, wen ich von den 22 Figuren in meiner Geschichte nicht brauche, sonst ist die Vorgabe von 15 Seiten maximaler Textlänge nicht einhaltbar. Dann habe ich losgelegt, aber den Text dann doch sehr lange liegen lassen, so dass ich mich am Ende ziemlich beeilen musste, fertig zu werden.

Du hast ja gerade schon gesagt, welche Faktoren du geändert hast. Was ist denn für dich das eigentlich Neue an deinem neu erzählten Nibelungenlied?

Ich habe sehr viel in das Gegenteil verdreht, z.B. die Abneigung zwischen Hagen und Siegfried, man könnte sogar von Hass sprechen. Bei mir wurde daraus das Gegenteil. Das führte dann natürlich auch zu einem ganz anderen Ende.

Wie bist du generell zum Schreiben gekommen?

Ich erinnere mich noch und es gibt auch noch Texte aus der Zeit als ich sieben oder acht Jahre alt war, die ganz klar von Karl May inspiriert sind, da mir die Bücher vorgelesen wurden. Ich habe dann angefangen, mir eigene Figuren auszudenken und irgendwann auch eigene Geschichten zu verschriftlichen. Da habe ich gemerkt, dass mir das Schreiben wirklich Spaß macht.

Schreibst du regelmäßig?

Ich arbeite regelmäßig an Figuren und Welten bzw. daran Welten, wie z.B. die von Star Wars weiterzuentwickeln. Da gibt es viele Möglichkeiten, sich auszudenken, was zwischen bestimmten Ereignissen noch passiert ist, was noch nicht erzählt ist. Also ja, über einen längeren Zeitraum gesehen schreibe ich schon regelmäßig.

Ist das etwas, das dich besonders interessiert, eine bestehende Welt oder Geschichte zum Ausgangspunkt zu nehmen und diese zu erweitern.

Mir fällt es nicht schwer, neue Figuren oder Geschichten zu erdenken, aber mein Perfektionismus macht es mir hingegen schwer, eine ganze Welt zu erschaffen. Für mich ist es einfacher, meine eigenen Ideen in eine vorhandene Welt wie die von Karl May, Star Wars oder des Nibelungenlieds einzubauen.

Was würdest du jemandem mitgeben, der selbst schreibt und sich überlegt, an dem Wettbewerb teilzunehmen?

Ich würde dazu raten, sich vorher einen genauen Plan zu machen, wann was zu tun ist, damit man am Ende nicht so in Stress kommt. Außerdem sollte man das Ganze, denke ich, nicht zu ernst nehmen. Ich bin nicht mit der Einstellung heran gegangen, dass ich unbedingt gewinnen muss. Das Wichtigste ist glaube ich, dass man Spaß dabei hat.

 

Das sagt die Jury des Landeswettbewerbs zu Leifs Beitrag:

Thema 6 ist unser mediävistisches Thema. Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind eingeladen, sich näher mit der Literatur des Mittelalters zu beschäftigen. Dabei wird meistens eine Brücke geschlagen zu einem moderneren Kontext. Die Aufgabenstellung in diesem Jahr lautete forderte die Schülerinnen und Schüler heraus, einen sehr bekannten Stoff – das Nibelungenlied – neu zu erzählen. Dabei konnten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mittels der hervorragenden Ausarbeitung der Badischen Landesbibliothek zu den Nibelungen sehr gut auch im Netz über den mittelalterlichen Text informieren. Es ergab sich also eine sehr schöne Kooperation mit der Badischen Landesbibliothek, die sogar einen Workshop zu diesem Thema anbot. Es erreichten uns leider nur 8 Einsendungen zu diesem Thema. Das Nibelungenlied wurde jeweils in verschiedenen Kontexten neu erzählt, wobei zum Beispiel eine Version für die Bühne und eine Version als Agententhriller entstand. Überzeugt hat uns letztlich aber nur eine der Arbeiten, die den Stoff in „queer studies" verlegte und kurzerhand mutig und irgendwie frech aus Siegfried und Gunter, schließlich Siegfried und Hagen ein Liebespaar machte. Das war deshalb so überzeugend, weil der Preisträger das ursprüngliche Werk außerordentlich gut kennt und deshalb die Transformation in eine andere Genderidentität überzeugend und auch besonders ansprechend gelang. So wurden hier verschiedene sehr berühmte Szenen durch die Verlegung in einen Kontext mit Liebe zwischen Männern auf interessante Weise neu gedacht, neu erzählt.

http://registrierung.landeswettbewerb-deutsch.de/wettbewerb/2021-22/bericht-der-juroren-2022/bericht-juroren-2022-pdf/download