Warum Französisch als 1. Fremdsprache?

Was in unseren europäischen Nachbarländern seit langem eine Selbstverständlichkeit ist, setzt sich mehr und mehr auch in der Bundesrepublik durch: An den weiterführenden Schulen können die Familien selbst die Fremdsprache wählen, mit der ihr Kind beginnen soll. Es stellt sich also für die Fünftklässler am MPG die Frage, ob sie zuerst Englisch und dann Französisch oder, umgekehrt, erst Französisch und anschließend Englisch nehmen soll. Es geht also nicht um die Entscheidung zwischen diesen beiden Sprachen, sondern um die Reihenfolge, in der sie gelernt werden sollen.

Noch ist die Reihenfolge Englisch-Französisch weit verbreitet. Aber die Reihenfolge Französisch-Englisch entspricht auch dem ausdrücklichen Wunsch vieler Eltern und findet immer mehr Liebhaber. In der Tat: Wenn manche Eltern gute und konkrete Gründe haben, warum sie bei der bisher eingefahrenen Reihenfolge bleiben möchten, so sprechen nicht minder gute Gründe und keineswegs minder konkrete Umstände auch dafür, die mögliche Reihenfolge Französisch-Englisch zu wählen. Lassen Sie uns einige Überlegungen dazu anstellen!

Welche Gründe sprechen für den Beginn mit Französisch?

1) Wenn ein Sprachwissenschaftler vor die Frage gestellt würde, welche Sprachen denn nun "leicht" und welche "schwer" seien, so wäre er um die Antwort einigermaßen verlegen. Gerade er weiß nämlich am allerbesten, dass jede Sprache in einem bestimmten Sinne "leicht" ist (jeder Sprachteilnehmer beherrscht sie ja)und in einem anderen Sinne auch wieder "schwer", denn jede Sprache muss hinreichend differenzierte Instrumente bereithalten, um die komplizierte Wirklichkeit unserer heutigen Welt benennen und befragen zu können. Freilich hat jede Sprache andere Mittel, auch nicht unbedingt für jeden Bereich gleich viele. Auf Englisch und Französisch bezogen, heißt das dann letztlich: Die ersten Anfangsgründe im Englischen sind leicht, leichter als im Französischen. Aber dann, etwa nach zwei bis drei Jahren, entpuppt sich auch das Englische durchaus als eine "schwere" Sprache. Französisch dagegen erfordert anfänglich etwas mehr Lernaufwand, vor allem weil der Formenbestand des Zeitworts etwas reichhaltiger ist, dann aber zeigt sich Französisch plötzlich als eine vergleichsweise problemlose Sprache, wo man sehr bald weiß: In diesem oder jenem Fall sagt der Franzose ganz. einfach so und so.

Darum sind gerade in dieser Sprache die Anfangsgründe so entscheidend. Es ist also durchaus vernünftig gedacht, wenn viele Eltern das Französische nicht gerade in die ohnehin schwierigen Jahre der Reifung (sogenannte Pubertätsphase) gelegt sehen möchten, wo die Merkfähigkeit und Ausdauer der Kinder vorübergehend stark nachlassen können. Genau dies sind nämlich die Jahre, in denen im Gymnasium die zweite Fremdsprache üblicherweise einsetzt.

Wählen Sie also für diese kritischen Jahre nicht gerade Französisch, das einen besonders günstigen Start braucht, wählen Sie hierfür eher das anfänglich leichtere Englisch!

Vielleicht wird Ihr Kind Englisch als zweite Fremdsprache dann umso leichter lernen! Diese Erfahrung wird von Sprachpädagogen immer wieder gemacht:

Wenn wir mit Französisch als dem notwendigen Fundament beginnen, büßen wir nichts ein, sondern gewinnen nur, auch für das Englische." (Prof. Dr. Oehler)

'Man weiß aus Erfahrung, um wie viel größer der Unterrichtserfolg in Englisch ist, wenn eine romanische Sprache, Französisch oder Latein, als erste Sprache vorausgeht.' (Prof. H. Blank)

2) Die unmittelbare Nähe Frankreichs stellt für die Schülerinnen und Schüler einen besonderen Anreiz dar, sich mit Französisch zu befassen. Außerdem ermöglichen die guten partnerschaftlichen Beziehungen mit Dole bereits im ersten Jahr des Französischunterrichts Begegnungen mit französischen Alterskameraden, ein weiterer, nicht zu unterschätzender Ansporn, Sprachen zu lernen. Seit über 20 Jahren pflegt das MPG gerade Klassenpartnerschaften zwischen seinen Französischanfängern in den fünften Klassen und den etwa gleichaltrigen Doler Deutsch-Anfängern. Im laufenden Schuljahr mussten sich gleich zwei Doler Schulen zusammentun, um den 24 Französischanfängern der 5d unseres Gymnasiums gleichaltrige französische Deutschanfänger vermitteln zu können. Der seit 2 Jahrzehnten ununterbrochen angebotene "kleine Austausch" (eine absolute Rarität in Deutschland!) zwischen den jeweiligen Anfängerklassen gehört zu dem besonderen Profil des MPG! (Näheres im Beitrag "Der kleine Austausch")

3) Französisch ist die Sprache unseres größten Nachbarn, mit dem wir ein Drittel unseres Außenhandels abwickeln. In der Wirtschaft sind gerade Französischkenntnisse besonders begehrt! (Englisch kann irgendwie jeder, Französisch aber nicht!) Gerade in Baden-Württemberg und ganz besonders bei uns am Oberrhein sind gute Französischkenntnisse wirklich unverzichtbar! Außerdem ist Französisch die Sprache dreier weiterer Nachbarn sowie mit dem Englischen zusammen die Amtssprache der UNO!

4) Ein besonderer Vorteil des Französischen liegt in seiner Verwandtschaft mit weiteren Weltsprachen ; über das Französische erreichen wir aufgrund dieser Verwandtschaft mit den riesigen Block der romanischen Sprachen irgendwie auch leicht den Italiener, Spanier, Rumänen, Portugiesen, Lateinamerikaner usw. Im übrigen lernt sich auf der Grundlage des Französischen auch das Englische viel leichter, da eine gute grammatische Basis vorhanden und da die Hälfte des englischen Wortschatzes romanischen Ursprungs ist (s.o.)

5) Auf der soliden Grundlage des Französischen kann am MPG Englisch als 2. Fremdsprache so zügig unterrichtet werden, dass sich in mehreren Fällen gezeigt hat: Ein Übergang an die Realschule zum Beispiel in der 9. Klasse bereitete praktisch keine Schwierigkeiten, obwohl dort Englisch erste Fremdsprache ist ...

6) In der Vergangenheit haben sich gerade für die Französischklassen oft besonders günstige Klassenstärken ergeben ; die Französischklasse des MPG im Schuljahr 2001/2002, die 5d, hat zum Beispiel 23 Schülerinnen und Schüler. "