Erasmus+ Projekt: 'A duty to remember' in Lahr.

Sonntag Abend am 23.03.2025 stand eine aufgeregte Horde von 24 Schülerinnen und Schülern der 9. Klassen und deren Eltern in großer Erwartung am Lahrer Bahnhof. Gemeinsam wurde auf die französischen Schülerinnen und Schülern des Collège Le Ferronay aus Cherbourg in der Normandie gewartet (welche dann als Austauschpartner für die Projektwoche bei den Familien untergebracht sein würden). Das Projekt (Projekttitel:„A duty to remember?“) zur Erinnerungskultur im geschichtlichen Kontext der deutsch-französischen Vergangenheit fand dieses Jahr zum zweiten Mal statt und wurde federführend von Frau Pohl und Frau Burkart organisiert. Erasmus+ förderte das Projekt zum zweiten Mal, sodass für die Schülerinnen und Schüler keine Kosten entstanden.

Nachdem die aufregende Zusammenführung der Gastfamilien mit Gastschülern geklappt hatte, wurde am Montag an der Schule zunächst mit Kennenlernspielen und schülergeführten Schulhausführungen das Eis zwischen den zwei Gruppen gebrochen und der Zusammenarbeit in sowohl französischer als auch englischer Sprache stand nichts mehr im Wege. Nachmittags wurde das Stadtmuseum, die Tonofenfabrik, besucht und den Schülerinnen und Schülern die Stadtgeschichte Lahrs, auch beeinflusst durch unterschiedliche Nationen, durch eine Führung im Museum nähergebracht. „Hands-on“ konnten die Schülerinnen und Schüler den Aspekt der Druckervergangenheit Lahrs selbst anhand von Linoldrucken ausprobieren.

Dienstag stand ganz im Zeichen Europas: Das Europäische Parlament in Strasbourg wurde besichtigt und durch Führungen lernten die Schülerinnen und Schüler über die Arbeit des Parlaments, dessen Geschichte und andere interessante Fakten, bspw. wie es ermöglicht wird, dass alle Parlamentarier in ihrer eigenen Muttersprache an den Diskussionen teilhaben können. Nachmittags wurde die mittelalterliche Altstadt Strasbourgs erkundet und beleuchtet, dass uns Geschichte auch in baulicher Substanz umgibt. Zudem interviewten die Schülerinnen und Schüler Passanten zum Thema Erinnerungskultur und Europa auf französisch, deutsch oder englisch.

Am Mittwoch ging es um die lokalen Umsetzungen der NS-Geschichte. Hierfür ging es auf nach Freiburg in das an dem Tag neu eröffneten NS Dokuzentrum. Dort gab es mehrere Führungen und Arbeitsblätter zu lokalen Spezifika der NS-Geschichte zwischen Frankreich und Deutschland. Nachmittags wurde die ehemalige Synagoge in Kippenheim, welche eine Bildungspartnerschaft mit dem MAX pflegt, besucht und Herr Stude, Vorsitzender des Fördervereins gab in ehrenamtlicher Funktion der Gruppe Einblicke in die Auswirkungen auf das Leben der Juden in Kippenheim.

Donnerstag wurden zunächst in der Schule Präsentation der Schülerinnen und Schüler zu den in Freiburg und Kippenheim erarbeiteten Inhalten gehalten, um danach zu einem emotionalen Schwerpunkt der Projektwoche zu kommen: Dem Besuch des KZ Struthof-Natzweiler. Durch den Besuch führten, in unterschiedlichen Gruppen, die französischen und deutschen Lehrkräfte. Eine gemeinsame Schweigeminute am Mahnmal schloss den Besuch emotional ab.

Am letzten gemeinsamen Projekttag beschäftigten wir uns zunächst mit den Biographien einzelner Opfer in Lahr und dem Begriff der „Volksgemeinschaft“, um im Anschluss an einem ganz besonderen Moment teilhaben zu dürfen: Frau Casasus, Nachfahrin von Ida Baumert, einer der von der T4-Aktion betroffenen Euthanasieopfern, kam extra aus dem 500km entfernten Göttingen und erzählte aus persönlicher Perspektive ihre Familiengeschichte. Frau Casasus, Lehrbeauftragte an der Uni Göttingen, Vorsitzende der dt-fr. Gesellschaft und Dolmetscherin für Deutsch und Französisch, konnte so unserer gemischten Gruppe, ganz private Einblicke in das Schicksal der von den Weltkriegen betroffenen Familien geben und somit den ‚Stolperstein‘ ihrer Urgroßmutter zum Sprechen bringen. Der Vortrag wurde von Frau Voerkel, Stadthistorikerin und Herr Naya-Geiger vom Bauhof, der mit der Verlegung der Steine betraut ist, ergänzt. Nachmittags fand dann die Reinigung mehrerer Stolpersteine und das Niederlegen von Blumen in Lahr statt. Abends gab es noch einen gemeinsamen Abschluss mit den Familien, um sich von den Schülerinnen und Schülern, die am nächsten Morgen in der Frühe abfahren würden, zu verabschieden.

Insgesamt war die Projektwoche für die Schülerinnen und Schüler sehr produktiv, nicht nur wurde ertragreich an der gemeinsamen Geschichte gearbeitet, sondern auch Freundschaften zwischen den französischen und deutschen Schülerinnen und Schülern geknüpft. Wir freuen uns schon auf dem Gegenbesuch in Cherbourg, welcher vom 11. Bis 17. Mai stattfinden wird