Zusammenfassung des Chinaaustausches 2005

Die Pioniere des MPG-Cao-Yang Austauschs

Inge von Rüden-Sittig
Dr. Karl Ludwig Fischborn.
Die Texte wurden alle auf einer chinesischen Tastatur getippt.

 

 

Die Pioniere des MPG-Cao-Yang Austauschs


05.09.05

Gestern Morgen erlebten wir eine für uns ungewöhnliche Zeremonie auf dem Schulhof unserer Partnerschule, das Aufziehen der Nationalflagge, das an jedem Montagmorgen

Um 7.15 Uhr stattfindet. Dabei müssen alle Klassen der Schule und alle Lehrer militärisch exakt auf vorgesehenen Plätzen aufmarschieren und die von vier Schülern gehisste Fahne begrüßen. Für uns an sich schon ungewöhnlich müssen wir uns aber vor allem an den militärischen Ton und an die Kommandosprache gewöhnen, von denen diese Zeremonie begleitet wird. Fast alle sind aber mit voller Aufmerksamkeit dabei, nur einigen wenigen merkt man an, dass ihnen diese Zwangsmaßnahmen nicht passen. Im Gleichschritt marschieren die Schüler dann, begleitet von ihren Lehrern, zu ihrem Klassenzimmer.

In den einzelnen Klassen sind meist bis zu 50 Schüler in drangvoller Enge vereint, viele Schüler haben gerade mal Platz zu sitzen, es herrscht aber eine fast eisern zu nennende Disziplin, Störungen kommen überhaupt nicht vor, wovon wir uns gut überzeugen können, da alle Klassenzimmertüren jederzeit offen stehen, was für ständig wehende Zugluft mit den stets arbeitenden Klimaanlagen sorgt. Vor dieser Zugluft haben wir am meisten Angst, da die extrem arbeitenden Klimaanlagen meist starke Erkältungen und Halsentzündungen auslösen können. Bisher sind wir aber noch verschont. Die Lehrer unterrichten nur lehrerzentriert, das heißt sie halten einen Vortrag und nehmen nur die wirklich guten Schüler dran, deren Leistungen allerdings auch wirklich ausgezeichnet sind. Davon können wir uns nicht nur in vier Vorführstunden in Englisch, Mathematik, Musik und Kunst, sondern auch in anderen Klassen überzeugen, da wir in alle Unterrichtsstunden "hineinplatzen" dürfen, in denen Austauschschüler des Max Planck Gymnasium sind.

Verblüffend ist aber auch die technische Ausstattung der Schule: jedes Klassenzimmer ist mit Beamer, Videorecorder, Fernseher (meist Flachbildschirm),Ton und anderem ausgestattet, so dass Medien wie selbstverständlich eingesetzt werden können. Power Point

gehört zum Alltäglichen, Tageslichtprojektoren gehören nicht mehr zur Ausstattung und die Wandtafel wird nur noch benutzt, um wenige chinesische Schriftzeichen zu notieren.


In krassem Gegensatz dazu stehen die Schultoiletten, an die wir uns kaum gewöhnen können: Durch keine Tür zum Gang abgetrennt und durch keine Tür, sondern nur durch eine Wand vom Nachbarn getrennt muss jeder über einer ständig von Wasser durchflossenen Rinne seine Geschäfte erledigen, was an die Sitten der alten Römer erinnert und uns ins Gedächtnis ruft, wie dort die Latrinenparolen entstanden sind. Nicht jeder von uns will sich daran gewöhnen und die meisten halten sich zurück, bis es nicht mehr anders geht.

Ungewöhnlich ist auch noch Weiteres: Nach dem Ende der Schule am Mittag, müssen zwei Schüler pro Klasse und Tag eine gründliche Reinigung des Klassenzimmers vornehmen, wozu auch Fensterputzen gehört. Es ist selbstverständlich, dass sich jeder Schüler um

Reinhaltung seines Klassenzimmers bemüht, da er ja an einem Tag selbst an der Reihe ist

Und daher die Arbeit kennt, die mit der Säuberung verbunden ist.

Weiterhin ungewöhnlich sind auch die schweren Eisentüren und die Vergitterungen der Fenster sogar zum Gang hin, man hat also wahrscheinlich doch Befürchtungen vor Diebstählen. Insgesamt hat die Schule ca 2500 Schülerinnen und Schüler, die alle Schulgeld bezahlen müssen und aus ganz China kommen, sogar aus Peking, ca 200 Lehrer, ein Internat, einen eigenen Verwaltungsdirektor, eine große Mensa, in der in Schichten ab 11 Uhr gegessen wird, einen Fahrer mit eigenem Bus und auf jedem Stockwerk ein Sekretariat mit mindestens einer Sekretärin. Die Lehrerzimmererinnern mit ihren kleinen durch halbhohe Trennwände abgetrennten Lehrerarbeitsplätzen erinnern an die frühere Post, die Zimmer der Direktoren dagegen haben fast Größe und Einrichtungen wie das Oval Office in Washington. Schwere Ledersofas und echte Teppiche, riesige Blumenbukets und Wandbilder mit Gedichten von Mao oder Jang Zemin kommen einem etwas protzig vor.

Lehrer unterrichten normalerweise in der Woche nur 10 bis 12 Stunden, haben alle nur ein Fach studiert und sind auf eine Klassenstufe fixiert. Wenn eine Klasse nach 12 Jahren das chinesische Abitur erworben hat, fängt der Lehrer wieder in der Klasse 10 an. Da alle Schulen in einem strengen Leistungswettbewerb untereinander stehen, hat jede Schule auch einen festen Rang und ist bestrebt, sich ständig zu verbessern, was Schülerinnen und Schüler, aber auch die Lehrer einem stetigen Leistungsdruck aussetzt, den man allen Beteiligten anmerkt. Besonders die Schüler machen einen angepassten und von besonderem Ehrgeiz geprägten, aber dennoch freundlichen und offenen Eindruck. Für uns insgesamt ungewöhnlich und uns daher nachdenklich machend.


Am Nachmittag werden unsere Schüler von ihren Partnern wieder nach Hause begleitet, wir begeben uns in Hotel, ruhen uns ein wenig aus und zwei ganz Unermüdliche machen sich noch auf, die berühmte Nanjing Road mit ihren riesigen Geschäften, Leuchtreklamen, Hotels und Restaurants zu erkunden. Kathedralen des Kommerzes erheben sich hier, Shanghai hat mittlerweile mehr und höhere Hochhäuser als New York, aber auch die gleichen sozialen Probleme. Man sieht Gucci- und Armani- gekleidete Menschen neben vielen Bettlern und

Krüppeln, die offen um eine milde Gabe bitten. Nachdenklich über die Auswirkungen des hier offen zu Tage tretenden Kapitalismus und dem noch überall spürenden Kommunismus chinesischer Prägung gehen wir nach einem guten Feuertopf ins Bett.




06.09.05

Wieder heißt es früh aufstehen, denn wir müssen früh in der Schule sein, wo uns ein Gespräch mit Herrn Joos erwartet, der Kulturattaché des deutschen Konsulats in Shanghai ist.

In kurzen Zügen erklärt dieser die Probleme der Stadt und der ständig wachsenden Einwohnerzahl von mittlerweile 20 Millionen Einwohnern. Wanderarbeiter und Arbeitssuchende überschwemmen die Stadt, weil sie hier auf Arbeit und Unterkunft hoffen, viele von Ihnen nur allein und ohne Familie, die im Hinterland wohnen bleibt. So sehen manche ihre Familie oder ihre Kinder nur einmal im Jahr, während vor allem die Großeltern die Kinder oder meist das eine Kind hüten. Die neueste Entwicklung geht daher vom Einkind wie bei uns zum "Keinkind", man möchte sein Leben ohne feste Bindungen genießen. Die Problematik ist die gleiche wie bei uns: entweder ein von allen Seiten verwöhntes Einzelkind oder das spätere Rentenproblem, wenn bei zunehmender Zahl der Alten zuwenig Erwerbstätige die Renten nicht mehr bezahlen können.

Im Augenblick aber hat das enorme Wirtschaftswachstum und die Steigerung des Bruttosozialprodukts pro Jahr um 17 Prozent den Blick für die Realität getrübt, Shanghai boomt. Eine Tennisarena für 15.000 Besucher mit mehr als 40 Plätzen, ein Fußballstadion für70.000 Zuschauer, eine Rennstrecke für Automobilrennen entstehen hier quasi über Nacht. Bauarbeiter schlafen auf der Baustelle, Wohnungen werden in riesigen Hochhäusern von mehr als 60 Stockwerken gebaut, Shanghai hat schon jetzt mehr als 5000 Hochhäuser von mehr als 100m Höhe, dabei allein mehr als 600 in Pudong, dem erst seit 14 Jahren existierenden Stadtviertel am rechten Ufer des Huanpu-Flusses, und übertrifft New York bei weitem. Hier steht inzwischen das höchste Gebäude der Welt mit mehr als 400 m Höhe: einfach gigantomanisch.

Am Nachmittag präsentieren unsere Schüler in einer sehr gelungenen und stark besuchten Veranstaltung unsere schöne Stadt Lahr, den Schwarzwald, seine Geologie, Geographie und Natur, das Leben in Deutschland und mit großem Erfolg die Musik, die Jugendliche in Deutschland heute hören. Ein gut gemachter Film unserer Teilnehmer zeigt zu Beginn als Einleitung in 8 Minuten Lahr von seinen schönsten Seiten und weckt die Lust auf den Gegenbesuch, der für Februar 2006 ins Auge gefasst wird.

Am späten Nachmittag haben wir Lehrer Gelegenheit, die Wohnung einer jungen chinesischen Kollegin zu besuchen, die mit Mutter, Ehemann und einem Sohn eine moderne Wohnung in einem abgeschlossenen und bewachten Appartementhaus bewohnt. Ihr Mann arbeitet bei VW, ist oft im Ausland, so können sie sich eine Wohnung von ca 200 qm Grundfläche mit allerneuestem Chic leisten, das Fernsehen -natürlich mit riesigem Flachbildschirm- läuft ununterbrochen, damit wir sehen können, wie gut es Chinesen geht. Aus dem Fenster und vom Balkon können wir in andere Wohnungen schauen, wie überall auf der Welt liegen Sonnenseite und Schatten eng nebeneinander.

Am Abend werden wir vom Personalrat unserer Partnerschule schon wieder zum Essen in ein Lokal eingeladen und mit den vielen Köstlichkeiten der chinesischen Küche verwöhnt, von denen schon Marco Polo nach seinem Chinaufenthalt geschwärmt hat.




07.09.05

Endlich strahlender Sonnenschein, von diesen Tagen hat Shanghai eigentlich nur 10 im Jahr, sonst liegt immer alles in einem trüben Dunst aus hoher Luftfeuchtigkeit und Abgasen. Dieser Tag wird ein Tag der Höhepunkte, das spürt man schon beim Blick aus dem Fenster.

Um 8 Uhr fahren wir von der Schule mit einem Schulbus in die Stadt, beim morgendlichen Berufsverkehr in einer fast 20 Millionen Einwohner zählenden Großstadt, in der es Millionen von Autos, allein sieben Millionen von Fahrrädern und ca 50.000 Taxis gibt, keine ganz leichte Aufgabe für unseren sehr guten Fahrer. Begleitet werden wir -wie immer- von einer Stellvertretenden Direktorin, dem Verwaltungsdirektor, einem uns ständig fotografierenden Lehrer, der uns schon gleich am ersten Tag unserer Ankunft ein Fotoalbum mit Bildern im Format 17 x 20 überreicht, auf denen wir bei der Ankunft an der Schule, beim Gespräch mit der Schulleitung, in der Gruppe zu sehen sind, und einem Lehrer, der alle unsere Bewegungen mit einer Videokamera filmt. Dazu kommen noch eine Lehrerin, die perfekt Englisch spricht, nie in England war, sich alles aus Büchern beigebracht hat und eigentlich Physik unterrichtet.

Unsere Fahrt geht zunächst zum Shanghai-Museum, wo wir zwei Stunden Zeit haben, die Reste der chinesischen Kultur von 3 Jahrtausenden zu bewundern, die die Kulturrevolution eigentlich nur dadurch überlebt haben, dass sie aus dem Ausland durch großherzige Spender zurückgegeben wurden. Porzellane, Jadeschmuck, Zeichnungen, Möbel, Kleider u.a. von unendlicher Schönheit und Eleganz. Hier könnte man mindestens einen ganzen Tag verbringen. Die Präsentation der Kunstwerke ist perfekt, die Beleuchtung und Beschriftung sind optimal und der vom Band gesprochene Text auf Deutsch informativ und Interesse weckend.


Vom Museum geht es in einen Garten, der eigentlich früher ein Privatgarten war, heute jedoch ein öffentlicher Garten ist. Hier können wir die chinesische Gartenbautechnik bewundern, deren Ziel die Darstellung der irdischen Harmonie ist.

Landschaft, Wege, Pflanzen, Wasser und Gebäude bilden eine Einheit und Symbiose, die einen bleibenden Eindruck der Ruhe in uns hinterlässt. Schon ist man weg vom Getriebe der Großstadt, die nur noch in weiter Ferne zuhören ist, obwohl sie doch eigentlich neben uns pulsiert.

Wieder werden wir alle zum Mittagessen in ein Restaurant der Altstadt eingeladen, nach dieser Stärkung erhalten wir eine halbe Stunde Zeit zum Bummeln und dann geht es nach Pudong, der gigantischen Neubausiedlung am anderen Flussufer mit ihren mehr als 600 Hochhäusern. Hier waren vor 14 Jahren noch Reisfelder und Sümpfe.

Das neue Technikmuseum, das in Form einer Blüte gebaute neue Kunstmuseum und die vielen noch in weitem Abstand stehenden Hochhäuser, zwischen denen aber schon die Fundamente weiterer Giganten zu sehen sind, hätten vielmehr Zeit nötig, wir aber wollen auf den Jian Mao Tower, mit 421 m eines der höchsten Gebäude dieser Welt. In Sekunden fahren wir mit dem Aufzug auf 381 m, blicken von oben bei schönem Sonnenschein auf die unter uns ausgebreitete Stadt und schauen ins Innere hinein, wo das Hyatt-Hotel fast 40 Stockwerke beansprucht .

Das Abendessen nehmen wir in einem Riesenrestaurant am Fernsehturm ein, hier können sicherlich 800 Gäste gleichzeitig verpflegt werden. Auf einer Bühne finden gleichzeitig Tanz- und Musikdarbietungen statt.

Um halb acht müssen wir auf unser Schiff, das uns fast allein gehört. Die Sonne ist untergegangen, Shanghai leuchtet wie Las Vegas, als wir am Ufer des Huangpo entlang unsere Hafenrundfahrt starten. Beeindruckend ist der Gegensatz zwischen der Neubausiedlung Pudong und der Uferpromenade des Bund mit restaurierten Gebäuden aus dem Anfang des 20.Jahrhunderts. Unwirklich, aber auch faszinierend ist die gigantische Energieverschwendung, die einer stolzen Selbstdarstellung entspringt. Shanghai ist das neue Weltwunder des Kapitalismus chinesischer Prägung, anziehend und abstoßend zugleich. Welche ungeheure Zukunft liegt noch vor dieser Stadt?

Mit dem Bus geht es zurück zur Schule, wo wir gegen 22 Uhr müde, aber auch voller toller Eindrücke ankommen und von den Gastfamilien abgeholt werden.




10.und 11.09.05

Heute heißt es Abschied nehmen, am Vormittag sind alle Schüler mit ihren Gasteltern und Partnern unterwegs, um einzukaufen und die verschiedenen Märkte der Stadt Shanghai zu besuchen.


Am Nachmittag sind wir alle um 15 Uhr in der Schule und treffen letzte Vorbereitun-gen für die Abschiedsfeier, die um 15.30 Uhr beginnen soll. Unsere Banderole mit dem Signum "Max-Planck-Gymnasium" ist noch aufzuhängen, die Tänze sind noch mal zu üben ; für unsere Lieder bleibt schon gar keine Zeit mehr, denn pünktlich um 15.30 Uhr starten unsere chinesischen Partner ihr Programm mit Volkstänzen, von zwei jungen sehr charmant lächelnden Mädchen vorgetragen, die aus einer der in China lebenden 16 Nationen stammen und sehr elegant und stets lächelnd akrobatische Tänze vorführen, die sehr an das Erlebnis in der Akkrobatikshow des gestrigen Abends erinnern.

Verschiedene Solisten treten mit ihren chinesischen Musikinstrumenten auf, bevor wir dazu kommen, unsere Lieder und Gesänge vorzuführen, die bei den jungen Schülern vor allem auf Begeisterung stoßen, weil sie modern und für Chinesen wohl auch ungewohnt klingen. Noch einmal läuft unser Film über Lahr, ein Spiel wird gemacht, in dem unsere Lehrer als "Models" über die Bühne stolzieren müssen. Sechs unserer Schüler führen einen Paartanz auf, zeigen den Gastfamilien Walzer und Rock and Roll, dann starten wir einen Schneeballtanz und holen unsere chinesischen Partner, Lehrer und Schüler, zum Tanz auf die Bühne, was zu witzigen Bewegungen und zu manchem ungewollten Tritt auf fremde Füße führt. Alles wird mit großer Begeisterung gefeiert, das Lachen will fast kein Ende nehmen.

In einer sehr feierlichen und steifen Zeremonie wird die Partnerschaftsurkunde unterzeichnet, unsere Lehrer müssen sich fast wie ein Staatoberhaupt vorkommen, denn der Austausch der Urkunden ist uns in dieser Form nur von Staatsverträgen aus dem Fernsehen bekannt.

Am Abend gibt es ein großes Abschiedsessen für alle Gäste aus Deutschland und die chinesischen Gastfamilien in einem berühmten Restaurant Shanghais. Selbst hier hängt ein großes rotes Transparent mit der Aufschrift "Warmly Welcome to the Max-Planck-Gymnasium-Lahr", Herr Fischborn muss sich opfern, weil selbst die Bedienungen und die Geschäftsführerinnen mit ihm fotografiert werden wollen, nachdem die Eltern sich schon mit den anderen Lehrern haben ablichten lassen. Wir sind wirklich Ehrengäste und werden so auch von allen verabschiedet, als wir gegen 21.00 Uhr nach "Hause" gehen.




Sonntag, 11.09.05

Um 5.30 Uhr müssen wir aufstehen, denn es geht früh zur Schule, wo wir noch einmal Abschied nehmen, manche sogar mit Tränen auf beiden Seiten, und wir sprechen die Hoffnung auf ein Wiedersehen in Lahr aus. Dann geht es mit dem Bus aus der Stadt Shanghai nach Süden hinaus in Richtung Hangzou, der "schönsten" Stadt Chinas, wo wir gegen 11.30 Uhr ankommen. Leider wird die Gegend gerade von einem Taifun gestreift, so dass es regnet und stürmt, als wir am berühmten Westsee ankommen, wo ein Ausflugsboot auf uns wartet, um uns in 4o Minuten zum weltbekannten Park mit dem uns verblüffenden Namen "Fische beobachten am Blumenpark" führt, dem heiß ersehnten Ausflugsziel aller Chinesen.


Hier heiraten viele junge Chinesen, wir können sie beim Fototermin beobachten. Sie leihen sich Frack und Kleid, lassen sich während einem ganzen Tag fotografieren und heiraten ganz einfach später zu einem ganz anderen Termin mit vielen Gästen in einem Restaurant. Junge Chinesinnen können sich so den Wunsch nach einer Hochzeit ganz in Weiß erfüllen, für ältere Chinesen eine unglaubliche Vorstellung, da weiß die Farbe des Todes ist. Beim eigentlichen Hochzeitstermin trägt die Braut dann doch das von den Eltern verlangte rote Kleid , weil das nach Meinung der Älteren Glück und Geld bringen soll. Fast alle Chinesen halten Geld für das wichtigste Lebensziel, wie uns viele sagen.

Leider regnet es während der Schifffahrt, denn der Taifun hat inzwischen den Westsee erreicht, am Nachmittag können können wir sehen, was er angerichtet hat, Bäume sind entwurzelt und Reklametafeln sind umgeworfen worden. Noch die ganze Nacht regnet und stürmt es. Unser Zimmer hat einen kleinen Erker, die Fenster sind undicht und so wird der Boden ganz nass. Das ist er auch noch am nächsten Abend.

Unser chinesisches Abendessen nehmen wir in einem typischen Restaurant außerhalb des Stadtzentrums ein, leider können sich manche gar nicht an das eigentlich gute Essen gewöhnen, sie sehnen sich nach "junk food" und deutschem Essen.




12.09.05

Um 8 Uhr geht es nach dem rein chinesischen Frühstück im Hotel per Bus nach Shaoxing, der Stadt der Kanäle und der 10.000 steinernen Brücken, hier ist der berühmte Dichter Luxun 1881geboren, dessen Wohnhaus und Schule wir besichtigen. Das Mittagessen nehmen wir wieder in einem Restaurant ein, dann fahren wir zum Ostsee, einem künstlichen Stausee, den man mit kleinen gondelartigen Booten befahren kann. Die Fahrt macht viel Spaß, denn die Sonne scheint und die Temperatur beträgt bei allerdings hoher Luftfeuchtigkeit mindestens 32 Grad Celsius. Müde kommen wir gegen 16.15 Uhr wieder in Hangzou an, haben ein wenig Freizeit, können duschen und uns erholen. Um 18 Uhr werden wir wieder in ein Lokal zum Essen fahren, dann müssen wir packen und morgen geht es nach Souzhou.




14.09.05

Heute heißt es wieder früh aufstehen, denn Wuxi steht auf dem Programm, eine Stadt mit "nur" 4 Millionen Einwohnern. Sie lieget am Taihu-See, einem der großen Seen Chinas, etwa viermal so groß wie der Bodensee und berühmt für seine vielen Fischarten, seine Süßwasserperlenzucht und ein Hauptanziehungspunkt für chinesische Touristen.


Zunächst geht es zur Filmstadt, hier werden viele chinesische Filme gedreht. In einer Vorführung wird uns ein Kampf zwischen drei Reichen mit vielen als Soldaten verkleideten Darstellern und vor allem mit vielen Reitern vorgeführt, anschließend besichtigen wir den China-Park mit vielen für die Filme nachgebauten Monumentalbauten. Unsere Schüler werden von vielen chinesischen Familien gebten, für ein Foto zu posieren. Vor allem ihre Kinder sollen mit den "Langnasen" auf einem Erinnerungsfoto zu sehen sein.

Mittagessen gibt es in einem "latin restaurant", unsere Schüler atmen auf, endlich mal europäisches Essen -oder was die Chinesischen Köche dafürhalten. Jedenfalls sind alle diesmal mit dem Essen zufrieden und man sieht lauter glückliche Gesichter.

Am Nachmittag geht es mit unserem sehr gut deutsch sprechenden Führer in die Altstadt, die die Bauwut "noch" überstanden hat. Entlang des Kaiserkanals können wir einen Blick in die wirkliche Lebenswelt der Chinesen tun. Ärmlich aussehende Häuser, meist nur zwei Stockwerke hoch und aus Holz gebaut haben meist im Parterre eine Werkstadt oder einen Laden und im 1. Stock die sehr kleine Wohnung -meist für zwei Generationen. Eine eigene Toilette oder eine Küche existieren nicht, der Nachttopf aus Holz steht vor der Tür, wird morgens geleert und dann in der Sonne getrocknet. Die Küchen wurden während der Kulturrevolution abgeschafft, als Mao alle Töpfe einsammeln ließ, um daraus Stahl zu produzieren. Man aß in der Volksküche.

Abends essen wir wieder in einem Restaurant, dann geht es mit dem Bus zum Bahnhof, der Zug nach Beiijing soll um 19.23 Uhr abfahren, hat aber Verspätung, so dass uns nur 4 Minuten bleiben, mit 44 Mann den Zug zu "erobern", ohne ein Gepäckstück zu verlieren.

Unsere Schlafabteile sind so komfortabel wie die deutschen Schlafwagen, haben vier Betten, nur die Toiletten und Waschräume sind klein und nach mehrmaligem Gebrauch nicht mehr sehr sauber.

Bald schlafen wir ein, ab und zu durch überfahrene Weichen geweckt. Jetzt heißt es ausruhen für die anstrengende Besichtigung von Beijing.




15.09.05

Nun sind wir 1200 km über Nacht mit dem Zug gefahren, waren 12 Stunden unterwegs und das entspricht der Entfernung Lahr - Rom. Eigentlich müsste man sagen Rom - Lahr, denn wir sind jetzt im "kalten" Norden Chinas, auch wenn Peking auf ca 40 Grad nördlicher Breite liegt. Hier haben wir aber Ostseitenklima, was wir gleich an den kühleren Temperaturen merken. Es nieselt leicht, als wir den Bahnhof verlassen, der Wind ist frisch und wir fühlen uns wohler, denn die Wärme und Schwüle der letzten Tage hat uns doch belastet.

Bis 10 Uhr können wir im Hotel duschen und uns frisch machen, dann nimmt uns Leon, unser örtlicher Fremdenführer mit zum "Himmelsaltar" und zum "himmlischen Palast für eine gute Ernte", wirklich beeindruckenden Bauten aus dem chinesischen Kaiserreich. In den letzten 3000 Jahren haben in China rund 400 Kaiser geherrscht,

die vor allem hier in Peking ihre Spuren hinterlassen haben.

Der letzte Kaiser ist 1911 entmachtet worden, wie wir alle aus dem Film "der

letzte Kaiser" wissen, der auch in China selbst Furore gemacht hat und von unserem Führer als authentisch bezeichnet wird.

Nach dem Mittagessen gehen wir zum Tian-an-men Platz, dem "Platz des himmlischen Friedens", der durch das Massaker von 1989 traurige Berühmtheit erlangt hat. Tausende von chinesischen Touristen bevölkern den Platz, bewacht von Polizisten und vielen Videocameras. Von "himmlischem Frieden" kann aber keine Rede sein, müssen unsere Schülerinnen und Schüler doch ständig als Fotomodell für chinesische Familien herhalten. Vielleicht sollte man einen Obulus verlangen, um die Finanzierung des Gegenbesuchs zu ermöglichen. Jedenfalls sind die Langnasen, vor allem wenn sie blond und groß sind, beliebte Fotoobjekte.

Die "Verbotene Stadt" schließt sich an, eine riesige und wunderschöne Palastanlage mit vielen Toren und Gemächern, in denen der Kaiser und sein Hofstaat residierten und und arbeiteten. Wir erfahren, warum Männern der Besuch dieser Räume untersagt war. Hier lebten in einem eigenen Bezirk Konkubinen des Kaisers, nur eineinziger hatte nur eine Ehefrau.

Insgesamt hat der Palast 9999 ½ Räume, ½ weniger als der Palast des himmlischen Kaisers, der der "Vater" des irdischen Kaisers ist. Neun ist die heilige Zahl des chinesischen Kaisers, niemand sonst durfte sie benutzen. Überhaupt spielt die Zahlenmystik in China eine große Rolle, z.B. gibt es in unserem Hotel keinen vierten Stock, die Etagen 3 und 5 folgen direkt aufeinander. Na ja, bei uns glauben auch manche, dass die Zahl 13 eine Unglückszahl ist, dabei hat sie mir immer nur Glück gebracht.

Leider wird der Regen immer dichter, wir müssen unseren Besuch abbrechen, nass bis auf die Haut warten wir auf unseren Bus, der uns aber nur zum Restaurant für das Abendessen fahren kann, was ca 1 ½ Stunden dauert, da rush hour ist, d.h auf Pekings Straßen geht so gut wie nichts mehr. Was sind Neapel, Paris oder Palermo gegen dieses Chaos, in dem sich jeder irgendwie durchmogelt, eigentlich nichts geordnet abläuft und dennoch fast kaum ein Unglück passiert. Wer hier den Führerschein macht, braucht drei Monate Befreiung von seiner Arbeit, dafür kann er aber überall auf der Welt Autofahren, schlimmer geht?s nimmer. So versucht man von Verwaltungsseite aus, das Autofahren zu erschweren. Ein Taxi zu erwischen ist bei Regen absolut unmöglich, alle sind besetzt oder man muss sich bis zur 3. Fahrreihe durchkämpfen und das ist nicht nur lebensgefährlich, das schaffen nur Chinesen.

Zum Abendessen fahren wir also durchnässt, schalten die Heizung im Bus an, auch im Restaurant, dann ab in die heiße Badewanne und ins Bett. Allerdings dauert die Fahrt zur Badewanne und zum Bett wieder ca 1 ½ Stunden. Heute sind alle gleich im Bett, was kein Wunder ist. "