Hanna Metzger veröffentlicht Text

Text einer MPG-Schülerin veröffentlicht

Im Rahmen des 4. Vechtaer Literaturpreises reichten junge Menschen zwischen 14 und 21 Jahren aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Luxemburg Beiträge zum Thema „Stille – ein anderes Lebensgefühl?“ ein. 100 Beiträge wurden für eine Anthologie ausgewählt, darunter der Text der MPG-Schülerin Hanna Metzger. Die Texte zeichnen ein eindrückliches Bild der Erfahrungen, die die jungen Menschen in der Corona-Pandemie des Jahres 2021 gemacht haben.

 

Hanna Metzger: Stille

Die Stille reißt mich. Reißt mich immer weiter in die Tiefe. Still und heimlich.

Angenehm berauschend in meinem Ohr höre ich ihr zu. Doch gibt es nichts zu hören. Irgendetwas. Nein, nichts.

Das Wohltuende wird zum Schmerz. Es dröhnt, wird lauter, ohne je gehört zu werden.  

Jegliches Zeitgefühl ist verloren und ich bin blind, obwohl alles gestochen scharf vor mir liegt.

Ich möchte mir die Ohren zu halten und trotzdem kann ich der Stille nicht entkommen.

Wie verlockend sie doch war. Wie friedvoll und gemütlich. Doch fehlt mir die Geduld. Irgendetwas muss es zu hören geben. 

Ich weite meinen Sinn aus, höre immer weiter. Aber nein, nichts.

Wie beängstigend so etwas beruhigendes sein kann. Da wünscht man sie sich so oft, doch wenn man sie hat, kann man sie nicht ertragen.

Ich will fliehen, und trotzdem bleiben. 

Die Stille zieht mich in ihren Bann, macht mich taub, frisst mich auf, bis ich nichts mehr bin außer mir selbst und meinen Gedanken. Und ich lasse es zu. Lasse alle meine Gedanken auf mich wirken. 

Ich bin allein. Obwohl ich die Welt vor mir  sehe, meine letzte Mahlzeit noch schmecke und den leichten Windhauch auf meinen Händen, meinen Armen fühle, so nehme ich es nicht mehr wahr. Physikalisch anwesend, aber in Gedanken irgendwo, aber nicht mehr hier.

Von der Stille empfangen und fortgetragen.

Weit weg in die Tiefe meiner Gedanken.