Das war der Ingenieurtag 2016

Ich will studieren - aber was?

Ingenieurtag am Max-Planck-Gymnasium gab Orientierung

Bereits zum sechsten Mal führte das Max-Planck-Gymnasium in Kooperation mit der Firma Herren-knecht AG, der Schaeffler AG, der Firma Julabo, der Debeka Krankenversicherung, der Daimler-AG, des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), des Bildungsnetzwerkes "COACHING4FUTURE", der Hochschule Offenburg sowie des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT) einen "Ingenieurtag" für die Schülerinnen und Schüler der 11. Klassen aller Lahrer Gymnasien durch. Das Ziel: Junge Leute für diese vielfältigen und zukunftsträchtigen Berufe zu begeistern.

Über hundert Jugendliche konnte der stellvertretende Schulleiter Dieter Faißt in der Aula begrüßen. Den Auftaktvortrag hielt Christian Dörfler. Der MPG-Abiturient vom 2007 skizzierte seinen Werdegang, der ihn zum Weltkonzern Daimler geführt hat, für den er nun als Entwickler für Dieselmotoren in Sindelfingen arbeitet. Das dreijährige duale Studium "Mechatronik Fachrichtung Fahrzeug - System - Engineering" vereine viele Vorteile. "Praxisbezug, persönliche Betreuung dank kleiner Lerngruppen, finanzielle Unabhängigkeit und beste Berufsaussichten", hob Dörfler hervor. Er ermutigte die jungen Zuhörer, die Dinge zu tun, für die sie Leidenschaft entwickeln und mit denen sie sich identifizieren.

Nach diesem Auftakt konnten die Schülerinnen und Schüler in zwei Durchgängen zwischen verschiedenen halbstündigen Vorträgen aus-wählen. Norbert Burkhardts (KIT) engagierter Vortrag stand unter dem Motto "Neues denken - Neues bewe-gen - Neues schaffen." An anschaulichen Beispielen zeigte er auf, wie heute in der Welt der Ingenieure gearbeitet wird. "Man muss Probleme interdisziplinär lösen, breit aufgestellt sein", ermahnte er. "Was wir von ihnen erwarten ist eine breite Allgemeinbildung und Sozialkompetenz. In das Fachliche wächst man hinein", ist Burkhardt überzeugt. Tilmann Schwab von der Firma Herrenknecht erläuterte die vielfältigen Anwendungsfelder für Tunnelvortriebsmaschinen im Bereich Verkehr, aber auch in den Bereichen Wasser, Abwasser, Elektrizitätsversorgung, Wasserkraft, und Pipelinebau. Auch beschrieb er die Möglichkeiten vertikaler Bohrungen, die der Geothermie oder der Exploration von Öl- und Gas-vorkommen dienen. Aufmerksam folgten die Zuhörer seinen Ausführungen zu den Schwierigkeiten und technischen Lösungen beim Bau des Bosporustunnels in Istanbul sowie des Straßenbahntunnels in Karlsruhe.

Von der Firma Schaeffler kam Frank Walter. Er sprach über Karrieremöglichkeiten nach einem Studium bei Schaeffler. Außerdem gab er Einblicke in aktuelle Projekte. Er hatte zum Beispiel einen Abgasturbolader mitgebracht, anhand dessen er erklärte, welche Aufgabenstellungen Ingenieure in der Entwicklung zu lösen haben. "Dieser Beruf ist spannend, jeden Tag neu", versicherte er. Julian Schmidt absolviert ein Maschinenbaustudium (BA) bei der Firma Julabo aus Seelbach. Auch er schätzt den Praxisbezug dieser Form der Ausbildung: "Dual bedeutet selber machen, Probleme lösen, im Betrieb mitarbeiten und Geld verdienen." Motivierend seien bei Julabo auch die Studentenprojekte, welche im Team bearbeitet werden und gebaut. Schöner Nebeneffekt: "Wir haben jetzt einen eigenen Getränkekühler im Büro." Christian Wetzel, Professor an der Hochschule Offenburg erklärte an anschaulichen Beispielen, was Maschinenbau eigentlich ist. Ebenfalls von der Hochschule Offenburg kam Professor Jürgen Köbler ans MPG. Er stellte die Studiengänge Betriebswirtschaft und Wirtschaftsingenieurwesen vor. Sein Kollege Professor Christoph Nachtigall präsentierte die Band-breite der Studiengänge, die sich mit den Bereichen Energie und Umwelt befassen. "Wenn Sie Ingeni-eurwissenschaften studieren, brauchen Sie vor allem Mathematik und Physik", gab er den Elfklässlern mit auf den Weg. Je nach Fachrichtung sei auch Verständnis für Chemie bzw. für Informatik und Programmieren wichtig. Als einziger nicht im Bereich der Ingenieurswissenschaften tätiger Referent war Thomas Pöpping von der Debeka vertreten. Er stellte das duale Studium an der Debeka-Akademie, sowie die Ausbildung zum Kaufmann/zur Kauffrau für Versicherungen und Finanzen vor. Damit bot der Ingenieurtag auch eine Alternative für die Schülerinnen und Schüler, die es nicht in den MINT-Bereich drängt.

Kann man Lippenstifte herstellen, die kussecht sind, aber auch pflegen? Wie werden wir künftig Nahrungsmittel in Großstädten anbauen? Können Tanzende in einer Disko Strom erzeugen? Diesen und anderen Fragen gingen Cathrin Brinkmann und Tatiana Kalytta von COACHING4FUTURE, dem Bildungsnetzwerk Baden-Württemberg, nach. Sie zeigten Zukunftschancen und Berufe im naturwissenschaftlichen Bereich auf. Dazu gaben sie Tipps, wie sich junge Menschen über ihre eigenen Wünsche, Neigungen und Eig-nungen klar werden könnten, um bei der Vielzahl von Studiengängen den Überblick zu behalten. Als Einstieg dazu bietet Coaching4Future" interessierten jungen Menschen einen "Karrierenavigator" im Internet. Laut Prof. Tobias Felhauer von der Hochschule Offenburg gibt es in Deutschland aktuell 17.197 verschiedene Studiengänge an 442 Hochschulen, allein im Bereich Ingenieurswesen sind es über 3000. "Das ist für viele Abiturienten ein Dschungel", stellte er fest. Außerdem haben viele nur vage Vorstellungen von dem, was sie in einem Ingenieurstudium erwartet. "Um diesen interessierten Abiturienten den Einstieg zu erleichtern, wurde in Offenburg das Semester ?startING? als Pilotprojekt in Baden-Württemberg entwickelt", erläuterte Felhauer. Es ist dem eigentlichen Studium einer bestimmten Fachrichtung vorgeschaltet. Neben Vorlesungen und Übungen in den Grundlagenfächern Mathematik, Physik und E-Technik, gibt es umfangreiche Angebote zur Orientierung wie das Kennenlernen der Einrichtungen und Labors der einzelnen Fachrichtungen sowie Exkursionen zu Unternehmen. "Das Ziel ist eine selbstüberzeugte Studienwahl." Der Bonus: "Die erworbenen Leistungen können bei der Wahl eines ingenieurwissenschaftlichen Bachelor-Studiengangs angerechnet werden". Dadurch entzerre sich auch das dicht gedrängte Programm eines Ingenieurstudiums.

Zum Schluss sprach Michael Kurth vom KIT über den Weg zum Studium: "Die Studienentscheidung ist kein plötzliches Ereignis, sie ist ein Prozess". Das persönliche Gespräch mit Praktikern und Studenten sowie Freunden und Familie sei noch vor den "Karrierenavigatoren" im Internet ein wichtiger Teil der persönlichen Orientierung. Er riet, sich persönlich zu informieren, zur Hochschule zu kommen und beim Kaffee mit Studenten ins Gespräch zu kommen. Die Studienberatung am KIT biete regelmäßige Informationsveranstaltungen "auch für Leute mit dem last-minute-Problem". Nach der Entscheidung für einen Studiengang empfahl er, sich einen Zeitplan für die Schritte Bewerbung, Zulassung und Vorbereitung auf den neuen Lebensabschnitt zu machen. Auch am KIT gibt es Vorbereitungskurse über mehrere Wochen oder das "MintKolleg", das ähnlich dem Programm StartING den Studienenstieg erleichtere.