Ingenieurtag 2017 am MAX
Kuhle" Mode oder Energiewende - "Wie werden wir die Welt retten?"
Ingenieurtag am Max-Planck-Gymnasium informiert Oberstufenschüler
Es ist eine kleine Tradition geworden. Bereits zum siebten Mal fand am Max-Planck-Gymnasium der "Ingenieurtag" für Schülerinnen und Schüler der 11. Klassen der Lahrer Gymnasien statt. Praktiker der Firma Herrenknecht AG, der Schaeffler AG, der Firma Julabo und der Daimler-AG besuchten die Schule, um Einblicke in die facettenreiche Welt der Ingenieurberufe zu geben. Unterstützt wird diese Veranstaltung auch vom Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Für Informationen zu Studienmöglichkeiten im Bereich der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) waren Vertreter der Hochschule Offenburg, des Karlsruher Institutes für Technologie (KIT) sowie des Bildungsnetzwerkes "COA-CHING4FUTURE" eingeladen.
Nach der Begrüßung durch Schulleiter Christoph Bohn machte wieder Christian Dörfler, ein waschechter "Maxler" (Abitur 2007), den Auftakt. Dörfler arbeitet bei der Daimler-AG in Sindelfingen im Bereich der Entwicklung von Dieselmotoren. Er hat ein Duales Studium bei Daimler absolviert, weil ihn die kurze, praxisnahe Ausbildung ansprach. Das dreijährige Studium "Mechatronik Fachrichtung Fahrzeug - System - Engineering" biete alle Möglichkeiten. Die Bachelor-Absolventen könnten anschließend im Unternehmen einen Masterstudiengang anschließen. Sie könnten sich aber auch gleich in eine Arbeit stürzen, "die jeden Tag spannend ist und neue Herausforderungen bietet". Dazu gehörten das Erreichen von CO2-Grenzwerten ebenso wie regelmäßige Aufenthalte in anderen Klimazonen", um die Funktionstüchtigkeit der entwickelten Software unter extremen Bedingungen zu testen. Auch die großen Fragen der Zukunft der Automobilität werden von Ingenieuren mitgestaltet, "ob Hybridauto, Elektroauto oder autonomes Fahren". Dörfler ermutigte die Schülerinnen und Schüler, sich nicht vom Auswahlverfahren abschrecken zu lassen, das einen Online-Test und einen Vorort-Test mit Assessment Center und Interview umfasst und das nur etwa 5 Prozent der Bewerber zum begehrten Studienplatz "beim Daimler" bringe.
Nach diesem Vortrag konnten die Schülerinnen und Schüler sich für verschiedene halbstündige Vorträ-gen in Kleingruppen entscheiden, welche in zwei Durchgängen angeboten wurden. Dominik Jegan, seit sieben Jahren Projektleiter bei der Firma Herrenknecht, erläuterte die vielfältigen Aufgaben, die er jeden Tag mit Freude angehe. Er habe nicht nur mit der anspruchsvollen Technik der verschiedenen Tunnel-vortriebsmaschinen zu tun, sondern mit Kunden und Baustellen in aller Welt: "Immer neue Themen, immer wieder neue Länder". Von der Firma Schaeffler kam Frank Walter. Er sprach über Karrieremöglichkeiten nach Ausbildung und Studium bei der Schaeffler AG. Luca Laule absolviert im Augenblick ein Maschinenbaustudium (BA) bei der Firma Julabo aus Seelbach. Der Student war sichtbar nah dran an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler, denen das "Du" leicht über die Lippen kam. Wie Dörfler hob auch Laule den Praxisbezug dieser Form der Ausbildung hervor. Sein Fazit lautete daher: "Dual ist nicht banal." Christoph Nachtigall ist Professor an der Hochschule Offenburg, ehemals Fachhochschule Offenburg. Auf die Frage nach dem Unterschied zwischen dieser Bildungseinrichtung und einer Universität wies er auf den größeren Praxisbezug hin, der sich zum Beispiel in einer Vielzahl von Laboren zeige, welche den Studierenden zur Verfügung stünden. Am Beispiel "Energiewende" stell-te er dar, wie sich die verschiedenen Ingenieurwissenschaften aus unterschiedlichen Perspektiven mit diesem Thema beschäftigten und nach Antworten auf drängende Fragen suchen. Ebenfalls von der Hochschule Offenburg kam Professor Jürgen Köbler ans MPG. Er stellte die Studiengänge Betriebswirtschaft und Wirtschaftsingenieurwesen vor. Auch Vera Vanié ist von der Hochschule Offenburg. Sie informierte über die Möglichkeit Ingenieurswissenschaften "plus" zu studieren, das heißt, zusätzlich die Befähigung für das Lehramt an Beruflichen Schulen zu erwerben. Eine weitere Offenburger Besonderheit ist ein trinationales Studium, welches Offenburger Studenten für je zwei Semester nach Frankreich und in die Schweiz führt und damit den Bachelor-Grad in allen drei Ländern erlangen lässt. Das bessere Verständnis der französischen Sprache und der unterschiedlichen Kulturen sei ebensoviel wert, betonte Vanié. Der Zwischenruf "Cool" einer Elftklässlerin zeigte, dass sie mit ihrem engagierten Vortrag auch die Mädchen in der Zuhörerschaft erreicht hatte. Norbert Burkhardt vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zeigte auf wie Ingenieure "Neues denken, Neues bewegen und Neues schaffen". Am Beispiel der Innovation des Christbaumständers machte er deutlich, dass "sie immer wieder aus der Denkrinne ausbrechen müssen, in der sie laufen". Fantasie und Kreativität entstünden auch durch die inter-disziplinäre Herangehensweise an Probleme. "Je nach Projekt arbeiten Ingenieure auch mit Psychologen oder Sportwissenschaftlern zusammen." "Mit ihrem Abitur sind Sie top ausgebildet", rief er den Schülerinnen und Schülern zu. "Hier bekommen Sie eine breite Allgemeinbildung. Am KIT holen wir Sie genau an diesem Punkt ab. Bei uns bekommen Sie eine wissenschaftliche Ausbildung in der Tiefe, entwickeln Kompetenzen und lernen Ihre Kenntnisse im Transfer anzuwenden." Auch ein Dreier-Schüler könne ein guter Ingenieur werden, machte der den Zuhören Mut, sich für ein Studium am KIT zu ent-scheiden.
Wie kann man aus Milcheiweiß Textilfaden spinnen und "kuhle" Mode produzieren, ohne wie bei der Polyesterherstellung Erdöl zu verwenden oder beim Baumwollanbau riesige Mengen an Wasser zu verbrauchen? Wie kann man die die Ozeane vom Plastikmüll befreien? Kurz "Wie werden wir die Welt retten?" Dieser Frage gingen Susannne Fries und Melanie Schneider von COACHING4FUTURE, dem Bildungs-netzwerk Baden-Württemberg, nach. Sie zeigten Zukunftschancen und Berufe im naturwissenschaftlichen Bereich auf. Dazu gaben sie Tipps, wie sich junge Menschen über ihre eigenen Wünsche, Neigungen und Eignungen klar werden könnten, um bei der Vielzahl von Studiengängen den Überblick zu behalten. Als Einstieg dazu bietet Coaching4Future" interessierten jungen Menschen einen "Karrierenavigator" im Internet. In Deutschland gebe es aktuell 17.297 verschiedene Studiengänge an 445 Hochschulen, allein im Bereich Ingenieurswesen seien es über 3000. So begann Professor Tobias Felhauer von der Hochschule Offenburg seinen Vortrag. "Das ist ein Dschungel", stellte er fest. Außerdem haben viele Abiturienten nur vage Vorstellungen von dem, was sie in einem Ingenieurstudium erwartet. "Um dieser Zielgruppe den Einstieg zu erleichtern, wurde in Offenburg das Semester ?startING? entwickelt, das sehr erfolgreich ist und be-reits nachgeahmt wird", erläuter-te Felhauer. Es ist dem eigentlichen Studium einer bestimmten Fachrichtung vorgeschaltet. Neben Vorlesungen und Übungen in den Grundlagenfächern Mathematik, Physik und E-Technik sowie künftig auch Informatik, gibt es um-fangreiche Angebote zur Orientierung wie das Kennenlernen einzelnen Fachrichtungen, der Labors sowie Exkursionen zu Unternehmen. "Das Ziel ist eine selbstüberzeugte Studienwahl." Der Bonus: "Die erworbenen Leistungen können bei der Wahl eines ingenieurwissenschaftlichen Bachelor-Studiengangs angerechnet werden". Dadurch entzerre sich auch das dicht gedrängte Programm eines Ingenieurstudiums.
Zum Schluss sprach Michael Kurth vom KIT über den Weg zum Studium: "Ich rate, den Karrierenavigator oder andere Online-Tests zusammen mit einem Freund zu machen und ihn jeweils für den anderen auszufüllen". Anschließend sollten die Ergebnisse besprochen werden. Überhaupt hob Kurth das persönliche Gespräch mit Freunden und Familie hervor. "Online fällt man keine Studienentscheidung. Kommen Sie persönlich ans KIT, sprechen Sie mit uns Studienberatern. Auch Professoren sind ansprechbar. Vor allem aber reden sie mit Studierenden. Sie treffen sie in der Cafeteria. Come and feel", riet er interessierten Schülerinnen und Schülern. Wenn die Entscheidung für einen bestimmten Studiengang gefallen ist, empfahl Kurth, sich einen Zeitplan für die Schritte Bewerbung, Zulassung und Vorbereitung auf den neuen Lebensabschnitt zu machen. Auch am KIT gebe es Vorbereitungskurse über mehrere Wochen oder das "MintKolleg", das ähnlich dem Programm StartING den Studienenstieg erleichtere.
Bei den Schülern kam der Tag gut an. Ein Elftklässler des Technischen Gymnasiums fand vor allem die Infos zum Bewerbungsverfahren an den Hochschulen hilfreich. Ein MPG-Schüler stellte für sich fest: "Es war gut präsentiert, aber ich weiß jetzt, dass mir die technische Richtung nicht so liegt." Seine Mitschülerin dagegen fühlte sich von der MINT-Präsentation angesprochen und könnte sich ein Studium "im Bereich Biologie" vorstellen.